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Reden zur zweiten Eheschließung

Sohn / Tochter


Menschen, die zum zweiten Mal den Hafen der Ehe ansteuern, sind kein Sonder-
fall mehr. gut 25 % aller Eheschließungen sind Wiederverheiratungen, und viele
dieser Paare leben vor der Ehe schon in einer Lebensgemeinschaft zusammen.
Auch was heute als >>Patchwork<< - Familie bezeichnet wird, gab es letztlich schon
immer: Die Stieffamilie. Solche >>Familien eigener Art<< sind oft sehr Komplexe
Gebilde, in denen die Eltern ihre jeweiligen Kinder aus vorhergehenden Ehen
oder Lebenspartnerschaften in die neue Beziehung einbringen. Diese Familien-
formen funktionieren einerseits wie das Modell Erstfamilie, sind andererseits
doch etwas Besonderes. Dennoch: Die >>Patchwork- Familie<< ist zwar etwas
Besonderes, aber nichts Seltenes.


THEMA Spät gefreit, nie gereut
TON locker, unterhaltend
REDNER Tochter / Sohn der Braut

Liebe Mutter, lieber Ingolf, liebe Hochzeitsgäste,

es waren einst ein junges Mädchen und ein junger Mann, die sich ganz furcht-
bar ineinander verliebten, so wie sich nur Teenager ineinander verlieben können.
Doch beide gingen dann ihre eigenen Wege, studierten an unterschiedlichen
Unis, verliebten sich und heirateten andere Partner, gründeten Familien, waren
beruflich erfolgreich und hatten ein erfülltes und ereignisreiches Leben.

Doch die Partner starben, als sie noch jung waren, und so blieben die beiden
alleine zurück. Die Kinder gingen schon ihre eigenen Wege und lebten auch nicht
mehr alle zu Hause. Dann kam ein Klassentreffen. das einst junge Mädchen
hatte keine Lust, ihre Kinder mussten viel Überzeugungsarbeit leisten, bis sie
den Weg in die >>alte<< Heimat einschlug. Sie vermutete, dort nur Leidens – und
sicher nun auch schon Krankengeschichten ihrer ehemaligen Mit-Abiturienten
anhören zu müssen.

Der damals junge Mann hingegen machte sich ganz beschwingt auf und freute
sich, die alten Mitstreiter aus der Schule wiederzutreffen. Und getroffen haben
sie sich wieder: Das junge Mädchen und der junge Mann. Und sie kamen ins
Erzählen, ins Erinnern und ins Wieder-ineinander-Verlieben.

Liebe Mutter, lieber Ingolf, >>spät gefreit, nie gereut<<. Wir, die Kinder beider
Familien und alle Verwandten und Freunde freuen uns, euch heute zu eurer
Hochzeit von ganzen Herzen gratulieren zu können.

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Ein Strauch zittert, weil ein Vogel darüber flog.
Das Herz erzittert, weil Erinnerung es durchzog.
Sándor Petöfi


THEMA Chat ist Net(t)
TON locker, unterhaltend
REDNER Sohn / Tochter des Bräutigams

Liebe Lore, lieber Vater,

das Schicksal hat zwei Suchende zusammengebracht. Und das über hunderte
von Kilometern und fast ebenso viele Mails.

Nach Mutters Tod zog Vater sich zurück, was wir zunächst gut verstehen konnten.
Doch als er aus seinem Schneckenhaus nicht mehr so recht rauswollte, stellten
wir ihm sozusagen den Computer mit einer Online-Partneragentur auf dem
Bildschirm in sein Schneckenhäuschen. Verspielt und neugierig, wie unser gar
nicht alter Herr nun mal ist, beschloss er, bei der Agentur mal anzuklopfen, füllte
einen Test aus und bekam eine Auswertung, die uns nicht wunderte und die er
mit seinem typisch verschmitzten Grinsen quittierte. >>Wer will denn schon
etwas von so einem wissen?<<, so seine Worte. Nun denn, liebe Lore, diese Frage
geht an dich. Und wir sind sicher, sie ging an dich per Mail.

Zunächst galt es nur, ein bisschen zu korrespondieren, Kontakt aufzunehmen
und zu pflegen. Bei zwei oder drei Kandidatinnen endete die Korrespondenz
rasch, doch eine blieb. Lore. Die hatte Witz, Humor, einen Sack voll Lebensfreunde
und das Herz am rechten fleck. Und daher ging es weiter. Mail um Mail, doch
keiner der beiden wollte raus aus seinem Schneckenhäuschen, obwohl sie doch
beide aus dem Häuschen waren vor Neugierde und Ungeduld, den anderen zu
treffen.

Wir, Karla, Semjon und ich, konnten es auch kaum noch erwarten, bis Vater sich
endlich zu einem Treffen aufmachte. Und unser aller Ungeduld wurde mehr
als belohnt: Vater kam mit Lore am Arm und seinem breitesten verschmitzten
Lächeln nach Hause. nun sind die beiden in einem Häuschen, und wir sind vier
an der Kinderzahl. Mit Sonja im Bunde bilden wir nun eine richtig tolle Patch-
work-Familie aus lauter erwachsenen >>Patches<<. Wir, die Kinder dieser glück-
lichen Verbindung, wünschen euch, liebe Lore, lieber Vater, alles, alles Gute für
eure Zukunft – und lasst euch häufiger auch in unseren >>Häuschen<< blicken!
Wir freuen uns für und wir freuen uns auf euch!

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Die wahre Beredsamkeit besteht darin,
das zu sagen, was zur Sache gehört,
und eben nur das.
Francois Duc de La Rochefoucault


Reden zur zweiten Eheschließung

Trauzeuge / Trauzeugin


THEMA Ehe-Erfolgsrezept
TON locker, liebevoll
REDNER Trauzeuge / Trauzeugin

Liebe Anita, lieber Patrik, liebe Gästeschar,

Wie kürzlich zu lesen war, lautet das Ehe-Erfolgsrezept: Toleranz und Ehrlichkeit.
Bei glücklich verheirateten Paaren kommt die Liebe erst an dritter Stelle. Der
grund: >>Emotionale und erotische Zuneigung allein ist ohne Toleranz und Ehrlich-
keit kein Garant für dauerhaftes Zusammenbleiben.<< Vor allen wenn einer der
beiden geschiedene Eltern hat, ist die statistische Wahrscheinlichkeit für eine
Trennung groß. Insgeheim wird wohl doch an der Verlässlichkeit des Partners
gezweifelt. Oder ganz generell an der Realisierbarkeit des Modells Ehe.

Und nun sitzen hier zwei aus eigener Erfahrung gebrachte Kinder, wenn ich das
so sagen darf: Anita und Patrick – beide geschieden, im Guten, denn sie haben
noch freundschaftlichen Kontakt zu ihren Ex-Partnern. Dennoch, eine solche
Trennung schmerzt und hinterlässt Wunden. Aber beide lebten immer in der
Gewissheit, eines Tages wieder einen Partner zu finden, mit dem sie weiter ge-
meinsam durchs Leben gehen könnten. Dennoch galt es zunächst, Zweifel zu
überwinden, Mut zu fassen und der eigenen Courage zu trauen. Und sie trauten
sich! Zunächst sozusagen die Ehe auf probe und nun die Ehe auf Trauschein.
Herzlichen Glückwunsch, das habt ihr prima gemacht!

Zur Toleranz, dem Erfolgsrezept Nummer 1, zählt vor allem der feste Wille, den
anderen nicht doch noch nach eigenen Vorstellungen umerziehen oder ihm gar
eigene Lösungsstrategien aufzwingen zu wollen. Toleranz, so der französische
Kritiker Jules Lemaitre, ist die Nächstenliebe der Intelligenz. und um Liebe geht
es letztlich auch, doch dazu komme ich noch.

Höchstes Einfühlungsvermögen erfordert die zweite tragende Säule einer glück-
lichen Ehe: Vertrauen in die Ehrlichkeit und Offenheit des anderen. vertauen
darin, dass alles offen angesprochen wird, gleich, ob es um eine Lappalie oder ein
Problem geht, ohne die Sache zu zerreden.

Und last but not least: Die Liebe, die euch zusammengebracht hat. Neue Liebe,
neues Glück! Die Liebe zueinander habt ihr rasch verspürt. Bis ihr den Mut hattet,
nochmals eine Beziehung zu wagen, das hart etwas gedauert. Doch wie sagt
Hermann Hesse so treffend: >>Damit das Mögliche entsteht, muss immer wieder
das Unmögliche versucht werden,<< Das Mögliche besteht in einer glücklichen
Partnerschaft, und genau das, eine glückliche Partnerschaft, schien euch zunächst
das Unmögliche zu sein. Ein Paradox? Ihr werdet es zu lösen wissen – gemein-
sam, denn dies ist nun euer gemeinsames Problem. Und das steht künftig unter
dem Motto: >>Unsere Sorgen möchte ich haben!<<

Lasst uns auf Anita und Patrick, auf ihren Mut und ihre wunderbare Ehe das Glas
erheben.

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THEMA Kartografie in Herzensdingen
TON besinnlich, unterhaltend
REDNER Trauzeuge / Trauzeugin

Liebe Heide, lieber Jean-Paul, liebe Verwandte und Freunde des Brautpaars!

>>Die wahren Orte<<, so heißt es im Walfängerroman Moby Dick, sind auf keiner
Karte verzeichnet, und der Erzähler in Robert Walsers Kurzprosatext >>Moskau<<
nutzt den Atlas zu einer Reise in die eigene Fantasie.

Was aber soll das sein, ein >>wahrer Ort<< oder wahren Orte<< ? Hat sie jeder
Mensch? Gibt es mehr als einen? Und was hat diese Frage mit unserem Hoch-
zeitspaar zu tun?

Die alten Kartografen hatten mit dieser Frage kaum Probleme. Sie vermischten
gerne Dichtung mit Wahrheit: Bis hinein ins 17 Jahrhundert zeigten sie Reiche
von Nixen und Seeungeheuern, Kopflose oder mehrköpfige Eingeborene, Mino-
tauren und Menschenmonster. Wir alle kennen diese merkwürdigen Wesen von
Randzeichnungen auf alten Landkarten oder in Atlanten. Da erscheinen die
Gebiete der Terra incognita als >>wahre Orte<< in der Ferne, in einer anderen
Welt. Auf einer Erdkarte um 1597 lauert gar der Teufel an deren Rand.

Würde Jean-Paul derzeit seine >wahren Orte<< vermessen, würde wohl eine Land-
karte in Herzensdingen entstehen. Ob an deren Rand wohl auch ein kleiner
Teufel lauert? Der Teufel der Gewohnheit, der sich auch bei einer noch so außer-
gewöhnlichen Bezierung im Laufe der Zeit einstellen kann? Wie sagt Honoré
de Balzac so treffend: >>In der Ehe muss man einen unaufhörlichen Kampf gegen
ein Ungeheuer führen, das alles verschlingt: die Gewohnheit.<<

Wie aus dem Reich der Fantasie mutet das kennenlernen der beiden Globetrotter
an. Heide, die seit ihren Jugendtagen und dann, als die Kinder alt genug waren,
immer wieder mit dem Rucksack aufbrach, um ferne Gegenden zu erkunden,
und Jean-Paul, der im Auftrag unterschiedlicher Organisationen seit Jahrzehnten
ferne Gegenden vermisst. dabei sind sie sich begegnet, die reiselustige Deutsche
und der lebensfrohe Algerier in einem fernen Land.

Beiden sind die kleinen Ungeheuer, die Schrecken der Liebe, bereits gut bekannt,
und die Ehe an sich ist auch keine Terra incognita mehr für beide. Fantasie
haben sich auch – was also sollte in der zweiten Runde dann schief gehen! Wo
immer ihr auch euer Zelt aufschlagen werdet, möge es immer der >>wahre Ort<<
für euch sein. Auf eure Zukunft! Auf euer Glück! Auf die Liebe!

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TIPP  Bleiben Sie sich auch als Redner treu, dann wirken Sie überzeugend. Verwenden Sie nur Worte und Gesten, die zu Ihnen passen, dann wirken Sie glaubewürdig.


Reden zur zweiten Eheschließung

Freund / Freundin


THEMA Zeit der Zärtlichkeit
TON besinnlich, unterhaltend
REDNER Freundin der Braut

Liebe Sabrina, lieber Oliver,

was mir zuerst auffiel: Sabrinas helles Haar hatte dunkle Partien bekommen,
und es war auch flotter geschnitten. Sie ging wieder öfter zum Friseur und hatte
sichtlich an Gewicht verloren. Sie bekam ihre jugendliche Figur zurück, obwohl
sie schon bald 60 ist. Sie lächelte auch wieder so mädchenhaft verschmitzt wie
früher. Wir kennen uns ja schon ein ganzes Leben.

Dann kamen die Farben gleich nochmals ins Spiel. In den letzten Jahren hatte
Sabrina bevorzugt bedeckte, eher grau-schwarze Töne getragen, und nun er-
schien sein heller, ja geradezu farbenfroher Garderobe. Doch das waren nicht
alle Veränderungen. Früher waren wir abends ins Kino oder ins Theater gegan-
gen und hatten uns anschließend bei einem Glas Wein über den Film, das Stück
oder das Leben im Allgemeinen und das unserer Kinder im Besonderen unter-
halten. Nun konnte ich sie oft nicht erreichen, und auch am Wochenende ging
nur der Anrufbeantworter ran. Sabrina war offensichtlich viel unterwegs.

Eigentlich hätte ich es wissen und die Zeichen deuten müssen: Sabrina war ver-
liebt! Bis über ihre beiden hübschen Ohren verliebt!! Zum ersten Mal seit vielen
Jahren. Aber ich bin nicht gleich darauf gekommen. Ich sah nur, dass Sabrina
glücklich war, und das freute mich, und wenn ich gewusst hätte, dass ein Mann
dahintersteckt, hätte ich wahrscheinlich ein bisschen Angst gehabt, dass er
meiner Freundin wehtut. Entschuldige, Oliver, damals kannte ich dich ja noch
nicht!

Ich rede hier von etwas, was es eigentlich der landläufigen Meinungen nach
nicht gibt: Eine reise Frau hat einen richtig guten Mann getroffen – denn das bist
du, Oliver, wir wissen es alle – und sie hat mit ihm in die Zeit der Zärtlichkeit
zurückgefunden. Frauen unseres Alters, so die Vorhersagen, werden eher von
einem Blitz getroffen, einem Auto überfahren oder gar von Terroristen entführt,
als dass sie einen Mann wie Oliver finden. >>Ich konnte es kaum glauben, dass
mir das noch mal passieren könnte<<, sagte Sabrina und strahlte vor Glück. Diesen
Satz hat auch Gesine Schwan gesagt, die mit 61 Jahren strahlend schön geheira-
tet hat.

Darum lassen Sie uns das Glas auf die Liebe und die zeitlose Zeit der Zärtlichkeit
erheben. Alles Gute, Sabrina und Oliver!

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THEMA Glückliche Frauen
TON humorvoll, unterhaltend
REDNER Freund

Liebe Kathrin, lieber Dietmar, liebe Hochzeitsgesellschaft,

den Dichter und Philosophen Spencer fragte man einmal, als er schon sehr bejahrt
war, ob er es nicht bedaure, nicht geheiratet zu haben. Aber nein, erwiderte er,
>>mich macht der Gedanke glücklich, dass irgendwo eine Frau lebt, die ich hätte
heiraten können und die nun glücklich ist, dass es nicht geschehen ist.<<

Dieses Bonmot, lieber Dietmar, kannst du dir nun nicht mehr zu Eigen machen.
In die Jahre gekommen bist du zwar auch, doch wir nehmen auch ältere Männer
auf. Daher: Willkommen im Club der Ehemänner!

Einige in dieser Runde wissen: Unser guter Freund hat sich vor langer Zeit schon
einmal getraut, was nicht von Dauer war, und zog sich dann aufs Dauersingle-
Sein zurück. Dort verweilte er und dementierte heftigst, dass Verheiratete gesün-
der und länger leben als Unverheiratete und überhaupt.

Doch kaum hatte er kathrin kennen gelernt, begannen all diese Überzeugungen
zu schmelzen wie Schnee in der Sonne. Übrig blieb die heftige Überzeugung:
Verheiratete leben länger, stressfreier und gesünder, und da er wollte, dass
Kathrin länger lebt, hat er sie vom Fleck weg geheiratet, mit Kindern, Hund und
allem Drum und Dran. welch rührende Fürsorge!

Nun denn, lieber Dietmar, in der Fürsorge nicht nachlassen, nur weil Kathrin
deinem Werben nachgegeben hat. Denn, wie Fontane so trefflich sagt: >>Die
Liebe lebt von liebenswürdigen Kleinigkeiten, und wer sich eines Frauenherzens
dauernd versichern will, der muss immer neu darum werben, der muss die
Reihe der Aufmerksamkeiten allstündlich neu wie einen Rosenkranz abbeten.
Und ist er damit fertig, so muss er von neuem anfangen.<<

Und wir, deine alten Freunde, wollen diesbezüglich keine Klagen hören. Auf die
liebenswürdigen Kleinigkeiten, die Ehe im zweiten Anlauf und die Liebe von
Dietmar und Kathrin – lasst uns darauf das Glas erheben.

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TIPP  Vermeiden Sie in der Anrede Floskeln wie >>Ich bin gebeten worden, zu diesem Anlass einige Worte zu sagen<< oder Ähnliches. Beenden Sie Ihre Rede auch nicht mit einer Floskel. Verwenden Sie etwas Passendes oder gar Persönliches, alles andere wirkt unbeholfen uns ist stimmungstötend.



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